SPD

Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen

08.06.2017

In der vergangenen Sitzungswoche hat der Deutsche Bundestag über die Neuordnung des bundesstaatlichen Finanzausgleichssystems ab dem Jahr 2020 abgestimmt. Dafür waren umfangreiche Änderungen des Grundgesetzes notwendig. Im Parlamentarischen Verfahren ist es der SPD-Bundestagsfraktion gelungen, wichtige Änderungen am ursprünglich eingebrachten Gesetzentwurf durchzusetzen. Sachverständige, Gewerkschaften und der Bundesrechnungshof hatten diesen zu Recht kritisiert.

Durch die Neuregelungen erhalten Länder und finanzschwache Kommunen bundesweit jährlich mehr als 10 Milliarden Euro zusätzlich. Hiermit wird unter anderem ein Schulsanierungsprogramm in Höhe von 3,5 Milliarden Euro finanziert. Zudem werden rund eine Million alleinerziehende Eltern und ihre Kinder durch eine Neuregelung des Unterhaltsvorschusses besser abgesichert, wenn das unterhaltspflichtige Elternteil seinen Verpflichtungen nicht nachkommt. Auch die Altersgrenze wird von jetzt 12 auf 18 Jahre angehoben.

Auf der anderen Seite enthält das Gesetzespaket auf Druck von CDU und CSU die sogenannte Verkehrsinfrastrukturgesellschaft. Ab dem Jahr 2021 sollen Bau, Planung und Verwaltung der Autobahnen und Bundesstraßen neu organisiert werden. Das CSU-geführte Bundesverkehrsministerium wollte ursprünglich Banken, Versicherungskonzerne und andere institutionelle Investoren umfangreich an der Finanzierung von Autobahnen beteiligen. Damit stand die Privatisierung der Autobahnen wie z.B. in Frankreich im Raum. Dem hat die SPD-Fraktion in den Verhandlungen einen Riegel vorgeschoben. Die unmittelbare oder mittelbare Beteiligung Privater an der Gesellschaft und deren Tochtergesellschaften werden jetzt ausdrücklich ausgeschlossen.

Im Rahmen dieser Debatte wurden auch sogenannte Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP) problematisiert. ÖPPs sind aber keine neue Erfindung. Es gibt sie bereits auf kommunaler Ebene ebenso wie auf Landes- und Bundesebene. Persönlich halte ich nicht von diesen ÖPPs. Ich glaube erstens nicht, dass Private besser und billiger als staatliche Akteure sind und zweites bin ich der festen Überzeugung, dass Einrichtungen der Daseinsvorsorge in der Öffentlichen Hand verbleiben.

Mit der heutigen Grundgesetzänderung werden Öffentlich-Private Partnerschaften für ganze Streckennetze oder wesentliche Teile des Bundesfernstraßennetzes explizit ausgeschlossen. Damit wird im Grundgesetz selbst ein klares Zeichen gegen die Ausweitung von ÖPP gesetzt. Diese Regelung ist neu. Denn bisher gab es keinerlei Regelung in Sachen ÖPP.

Natürlich hätte ich mir eine noch weitergehende Regelung gewünscht. Dies war jedoch mit der CDU/CSU-Fraktion leider nicht möglich. Ein völliger Ausschluss von ÖPP im Grundgesetz, der einer Zweidrittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat bedarf, war in der bestehenden Koalition schlicht und ergreifend nicht realisierbar.

Den Umfang der ÖPP-Möglichkeiten regelt jetzt also ein einfaches Gesetz. Maximal sollen es 100 Kilometer sein. Ich glaube, dass davon in der Praxis wenig Gebrauch gemacht werden wird, da sich kleine Abschnitte für private Investoren nicht lohnen.
Und natürlich kann dieses Gesetz nach der Bundestagswahl im September geändert werden. Die SPD will die Ausweitung von ÖPPs verhindern, Union und Liberale wollen mehr ÖPPs ermöglichen. Es macht also schon einen Unterschied, wen man am 24. September wählt. Und wer gegen Privatisierungen – ob nun bei Autobahnen oder anderswo – ist, sollte sowie eher SPD als schwarz-gelb wählen.

Insgesamt betrachtet sehe ich in dieser Abstimmung mehr Vorteile als Nachteile für die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes. Länder und finanzschwache Kommunen werden bundesweit mit 10 Milliarden Euro jährlich besser finanziell ausgestattet. Rund eine Million Alleinerziehende und ihre Kinder profitieren davon. Deshalb habe ich – trotz Verkehrsinfrastrukturgesellschaft und den möglichen 100 Kilometern ÖPP – für die Neuordnung des bundesstaatlichen Finanzausgleichssystems gestimmt.