SPD

Pressemitteilung: Amtsenthebung Rousseffs nicht gerechtfertigt

01.09.2016

Niels Annen, außenpolitischer Sprecher:

Die SPD-Bundestagsfraktion beobachtet die aktuellen Entwicklungen in Brasilien mit großer Sorge. Die Entscheidung des Senats, Präsidentin Dilma Rousseff ihres Amtes zu entheben, ist ein gefährlicher Präzedenzfall für die brasilianische Demokratie. Bis zum Schluss des Verfahrens konnten der Präsidentin keine Handlungen nachgewiesen werden, die eine Amtsenthebung juristisch gerechtfertigt hätten.

„Die vermeintlichen Verfehlungen Rousseffs bildeten für die rechten Parteien lediglich einen Vorwand, um mit der progressiven Politik der Arbeiterpartei PT unter Präsident Lula und seiner Nachfolgerin Rousseff beim Ausbau des Sozialstaats und bei der Armutsbekämpfung abzurechnen und die Privilegien der alten Eliten zu verteidigen. Die brasilianische Verfassung wurde damit missbraucht.

Dass der bisherige Vizepräsident Michel Temer und seine PMDB nun durch die Amtsenthebung und nicht durch Wahlen an die Macht gekommen sind, hat die Spaltung des Landes weiter vertieft und der brasilianischen Demokratie nachhaltigen Schaden zugefügt. Ohne Frage steht Brasilien vor großen, auch wirtschaftlichen Herausforderungen. Die schwer wiegenden Korruptionsfälle beim parastaatlichen Erdölkonzern Petrobras haben zudem das Vertrauen der Bevölkerung in das politische System und die Parteien erschüttert.

Trotz intensiver Ermittlungen gab es jedoch nie belastbare Indizien dafür, dass Dilma Rousseff in den Petrobras-Skandal verwickelt wäre, wohingegen führende Vertreter der Interimsregierung wegen Korruptionsvorwürfen bereits ihre Ämter niederlegen mussten. Während es in einem demokratischen Rechtsstaat Aufgabe der Justiz ist, allen Korruptions- und Bilanzfälschungsvorwürfen nachzugehen, sollte über die politische Ausrichtung des Landes allein an den Wahlurnen entschieden werden."