Heute hat der Deutsche Bundestag ein neues Gesetz zum Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte verabschiedet. Damit bleibt dieser im Rahmen einer Übergangsregelung bis maximal zum 31. Juli ausgesetzt. In der Zwischenzeit soll eine Neuregelung ausgearbeitet werden, die sich an den Ergebnissen der Koalitionsverhandlungen orientiert.
Die Frage, ob subsidiär Schutzberechtigte künftig ihre minderjährigen, ledigen Kinder und Ehepartner wieder nach Deutschland nachholen dürfen, war einer der großen Streitpunkte in den Verhandlungen mit der Union. In den Gesprächen konnten wir sicherstellen, dass das in den Sondierungsgesprächen vereinbarte monatliche Kontingent von 1.000 Nachzugsberechtigten zusätzlich um eine Härtefallregelung ergänzt wird.
Das heißt: Auch jenseits dieser „Tausender-Marke“ kann einem Flüchtling aus völkerrechtlichen oder dringenden humanitären Gründen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Dies war eine der zentralen Forderungen des SPD-Parteitages.
Damit ist der Familiennachzug – anders als von der CSU dargestellt – keineswegs abgeschafft. Natürlich war die Kontingentierung für uns auch aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken ein schmerzlicher Kompromiss. Doch die aktuelle Regelung läuft am 16. März nun aus. Bis dahin musste der Bundestag einen neuen Beschluss – in Form einer Übergangsregelung – gefasst haben.
Ohne die Kompromissbereitschaft der SPD war zu befürchten, dass Union, FDP und AfD mit ihrer Mehrheit im Bundestag die Aussetzung des Familiennachzugs verlängert oder gänzlich abgeschafft hätten – zu Lasten der Geflüchteten und deren Familien. Dies konnten wir in den Koalitionsverhandlungen verhindern.
Warum war der Druck auf die Verhandler von SPD und Union so groß?
Nachdem 2015 Hunderttausende Menschen aus Syrien und dem Irak nach Deutschland geflohen waren, beschloss die Bundesregierung auf Druck von CDU und CSU eine Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte. Flüchtlinge und Asylberechtigte waren hiervon nicht betroffen.
Ziel der Union war es, die Zuwanderung zu begrenzen. Schon damals bezeichnete Manuela Schwesig, die damalige Bundesfamilienministerin, die Entscheidung als „einen großen Fehler für die Integration.“ Die SPD-Bundestagsfraktion stimmte im Bundestag zwar zu, jedoch ausgehend von den Statistiken, in denen 2015 nur 0,6 Prozent der Antragssteller einen subsidiären Schutzstatus bekommen haben. Demnach wäre auch nur ein sehr kleiner Teil der Schutzsuchenden betroffen gewesen.
Dies änderte sich jedoch mit Inkrafttreten des Gesetzes. Aufgrund der veränderten Entscheidungspraxis des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge erhielten deutlich mehr Geflüchtete nur noch eine subsidiäre Schutzberechtigung anstelle eines Flüchtlingsstatus nach der Genfer Flüchtlingskonvention. Statt 0,6 Prozent erhielten 2016 ganze 22,1 Prozent Antragssteller nur noch einen subsidiären Schutz und konnten so ihre Familien nicht mehr nachholen.
Uns Sozialdemokraten war es daher in den Koalitionsverhandlungen ein wichtiges Anliegen, dass nach zwei Jahren auch für subsidiär Geschützte der Familiennachzug wieder ermöglicht wird. Eine weitere Aussetzung ist den Geflüchteten, die teilweise seit Jahren von ihren Familien getrennt sind, nicht zuzumuten. Die Sorge um die Angehörigen erschwert nicht nur die Integration, sondern wird zudem häufig zu einer starken psychischen Belastung.
So sehen es auch die Kirchen und das Deutsche Institut für Menschenrechte. Für Geflüchtete, die von ihren Familien getrennt leben, wird die Zusammenführung oft zum dringendsten Bedürfnis. Die Sehnsucht und die permanente Angst kostet die hier lebenden Menschen viel Kraft. Auch das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) tritt dafür ein, den Familiennachzug zu subsidiär Geschützten wieder zu den gleichen Bedingungen wie für Flüchtlinge zuzulassen.
Ein legaler, geordneter und rechtsstaatlicher Familiennachzug kann verhindern, dass sich Angehörige aus der Not heraus über das Mittelmeer auf den Weg nach Europa machen. Anders als die SPD hätten es Union, FDP und AfD in Kauf genommen, dass sich Kinder und Mütter aus purer Verzweiflung den Gefahren des Mittelmeers und der Balkanroute aussetzen.
Für die SPD gilt, dass auch Geflüchteten, unabhängig vom Schutzstatus, ein Zusammenleben mit ihrer Familie ermöglicht werden muss. Nicht nur unser Grundgesetz, sondern auch die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte und die Kinderrechtskonvention stellen Ehe und Familie unter besonderen staatlichen Schutz. Dies bestätigten auch die Sachverständigen, die im Rahmen der Debatte zum Familiennachzug im Hauptausschuss angehört wurden.