An dieser Stelle berichtet Jannes Musch, der ein FSJ-P in meinem Bundestagsbüro absolviert, unregelmäßig über seine Erlebnisse:
Mein Samstag startete früh. Schon um kurz nach 07:00 Uhr morgens traf ich Niels Annen am Südkreuz. Von hier aus nahm er mich mit zum Gelände des Parteitages, dem CityCube in Berlin. Nach einem ausgiebigen Sicherheitscheck (dies ist nun bei der Kanzlerpartei an der Tagesordnung) waren wir im Gebäude – ungefähr drei Stunden bevor der Parteitag offiziell von Norbert Walter-Borjans eröffnet wurde. Da Niels wie auf dem vorausgegangenen kleinen Parteitag am 4. Dezember wieder im Tagungspräsidium saß, gab es noch einiges zu besprechen bevor der Parteitag richtig starten konnte. Dafür traf sich das gesamte Tagungspräsidium mit Lars Klingbeil, der zu diesem Zeitpunkt noch Generalsekretär war, Jessika Wischmeyer, der Bundesgeschäftsführerin der SPD und mehreren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Willy-Brandt-Hauses in einem Raum hinter der Bühne. Durch die steigenden Infektionszahlen wurde der Parteitag in ein hybrides Format versetzt. So waren die meisten Delegierten nicht in Präsenz vor Ort, was eine besondere Absprache zwischen dem Tagungspräsidium und der Regie erforderte. Nach dem sehr ausgiebigen Vorgespräch, bei dem ich dank Niels mit dabei sein durfte, und einem kleinen Frühstück begann dann auch schon der Parteitag.
Während des Parteitages hatte ich mit meinem Ausweis, den ich als Begleitung von Niels bekam, uneingeschränkten Zugang zu allen Bereichen. So konnte ich mir in der Presselobby anschauen, wie Tina Hassel live vom SPD-Parteitag in der Tagesschau berichtete, saß im Mitarbeiterinnen- und Mitarbeiterbereich während des Parteitages neben Björn Böhnig, dem Nachfolger von Niels als Bundesvorsitzender der Jusos und hinter Britta Ernst, der Frau von Olaf Scholz. Und trank hinter der Bühne Kaffee neben Ministerpräsidentin Manuela Schwesig oder Ministerpräsident Stephan Weil, so wie allen SPD-Bundesministerinnen und Bundesministern von Karl Lauterbach über Nancy Faeser bis zu Hubertus Heil.
Auf dem Parteitag wurde dann Norbert Walter-Borjans mit sehr emotionalen Reden als Parteivorsitzender verabschiedet. Nach langem Applaus für NoWaBo bewarben sich Lars Klingbeil und Saskia Esken als neues Duo für die Parteispitze. Ausgestattet mit breiter Zustimmungen nahmen sie gemeinsam ihr Amt an. Als Nachfolger von Lars Klingbeil wurde Kevin Kühnert auch mit einer großen Zustimmung zum Generalsekretär gewählt. Aber nicht nur Posten wurden auf diesem Parteitag besetzt, auch einige Anträge wurden diskutiert. Die Jusos setzten sich intensiv für einen Antrag ein, dass Deutschland den Geflüchteten an der belarussisch-polnischen Grenze hilft und hatten Erfolg. Besonders freute es mich, dass dieser Antrag auf eine breite Mehrheit stieß. So wurde auf einem Parteitag, der sonst von vielen Wahlen für neue Posten geprägt war, dennoch auch inhaltlich debattiert.
Ein ganz besonderer Moment war es, als der frisch gewählte vierte sozialdemokratische Kanzler Olaf Scholz auf dem Parteitag ankam und seine Rede hielt. Fast den gesamten Parteitag über blieb Olaf Scholz in Präsenz auf dem Parteitag und saß teilweise nur wenige Meter von mir entfernt. Ein interessantes Gefühl, Sicherheitspersonal vom BKA dann nur wenige Zentimeter hinter sich zu wissen.
Nach einer kurzen Drohnendebatte, bei der Lars Klingbeil als frisch gewählter Vorsitzender für eine Vertagung warb, war der Parteitag nach über 10 Stunden vorbei. Mein Tag, der nun schon knapp über 15 Stunden lang war, neigte sich auch dem Ende zu. Nach noch einem kurzen Gespräch mit Niels, der den gesamten Parteitag über im Tagungspräsidium saß und den Parteitag moderiert und gelenkt hatte, ging es wieder nach Hause. Das Gefühl, ganz nah an einem kleinen Stück Geschichte dabei gewesen zu sein, war auf der Rückfahrt neben SPD-Materialien mit im Gepäck.
„Die letzten Wochen waren wahrscheinlich die intensivsten dieser Legislaturperiode“