Am 20. November stand für mich meine nächste Dienstreise vor der Tür: Für Regierungsverhandlungen bin ich in die armenische Hauptstadt Jerewan gereist.
Das Land ist mit großen Herausforderungen konfrontiert: Nach der militärischen Eskalation Aserbaidschans im Bergkarabach-Konflikt Mitte September hat Armenien weit über 100.000 Geflüchtete aufgenommen – angesichts der Bevölkerungszahl von 2,96 Mio. Menschen entspricht das rund 3 Prozent der Gesamtbevölkerung. Die Abhängigkeit der ehemaligen Sowjetrepublik von Russland – von der Sicherheits- über die Wirtschafts- bis zur Energiepolitik – beschäftigt die Menschen vor Ort ebenfalls sehr, gerade seit dem brutalen russischen Angriffskrieg auf die Ukraine. Seitdem ist Armenien zu einem noch wichtigeren Partner für uns geworden.
Fest steht: Deutschland und Armenien verbindet bereits seit 1992 eine enge Partnerschaft. Mit fast einer Milliarde Euro haben wir seitdem die Demokratisierungsbestrebungen des seit 1991 unabhängigen Landes unterstützt – mit Erfolg. Letztes Jahr haben wir uns dazu entschlossen, unsere Kooperation auf eine bilaterale Ebene anzuheben. Im Rahmen dieser intensivierten Partnerschaft fokussieren wir unsere Zusammenarbeit auf die Bereiche Klima und Energie, nachhaltige Wirtschaftsentwicklung und gute Regierungsführung. So gehen wir gemeinsam einige der drängendsten Probleme Armeniens an, wie zum Beispiel die Förderung Erneuerbarer Energien und die Stärkung der beruflichen Bildung. Hier hat sich das Land ambitionierte Ziele gesetzt. Allein in den nächsten zwei Jahren werden wir diese Projekte mit 84,6 Millionen Euro unterstützen.
Bei den Regierungsverhandlungen traf ich u.a. Premierminister Nikol Paschinjan, mit dem ich über die deutsche Unterstützung Armeniens bei der Loslösung von den veralteten Partnerschaftsstrukturen mit Russland und seine Annäherung an die Europäische Union sprach. Die Unterzeichnung des Römischen Statuts durch Armenien sowie die stetigen Friedensbemühungen wie die Initiative „Crossroads of Peace“ sind wichtige Ansätze für eine Demokratisierung und Europäisierung des Landes.
Besonders wichtig war mir, deutlich zu machen, dass die Aufnahme der weit über 100.000 Geflüchteten aus Bergkarabach eine beeindruckende Leistung des Landes ist. Wir als Bundesregierung verurteilen die militärische Eskalation Aserbaidschans und unterstützen den trilateralen Friedensprozess von EU-Ratspräsident Charles Michel. Für uns steht fest, dass diplomatische Gespräche der einzige Weg zu einer friedlichen Lösung des Konflikts sind.
Die große Solidarität und Hilfsbereitschaft sowie die Anstrengungen auf allen Ebenen, auch vor Ort in den Gemeinden, sind beispielhaft. Wir stehen eng an der Seite Armeniens und prüfen alle unsere laufenden und zukünftigen Projekte auf die Möglichkeit, den Geflüchteten weiter zu helfen. Kurzfristig konnte die Bundesregierung bereits 6 Millionen Euro zur Unterstützung insbesondere der Frauen sowie 14,3 Millionen Euro für humanitäre Hilfe freigeben.
Neben den politischen Gesprächen und Verhandlungen gab es einen Moment des Innehaltens, als ich die Genozid-Gedenkstätte Zizernakaberd besuchte. Der Denkmalkomplex wurde 1967 zum Gedenken an die Opfer des Völkermordes an den Armenier:innen durch das jungtürkisch regierte Osmanische Reich 1915/1916 errichtet. Der systematische Völkermord forderte je nach Schätzung zwischen 300.000 und 1,5 Millionen Menschenleben. In Gedenken an die Toten habe ich einen Kranz niedergelegt.
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